Während im Kreistag am 12. November vom Landrat wahrscheinlich ein Vorschlag zur Zusammenarbeit mit dem Kreiskrankenhaus Bad Hersfeld vorgelegt wird, möchte die Kreis-CDU weitere Optionen zumindest prüfen. Dazu gehört auch das aktuelle Angebot des Landes, dass sich die öffentlichen Krankenhäuser des Bundeslandes in einer gemeinsamen Holding zusammenfinden und auf diese Weise die Vorteile nutzen können, die Kliniksverbünde anderer Träger bereits seit Jahren haben. Stichworte dazu sind der gemeinsame Einkauf von Materialien und Leistungen. In einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung der CDU am Dienstag Abend im Marktcafé erläuterte der gesundheitspolitische Sprecher der Landtagsfraktion Dr. Ralf Norbert Bartelt (Hautarzt, Frankfurt) das Holding-Angebot des Landes. Unter den rund 60 Zuhörern war neben sehr vielen CDU-Mandatsträgern auch eine starke Gruppe von Beschäftigten aus dem Kreiskrankenhaus.
Referent Dr. Ralf Norbert Bartelt informierte, fast alle Kliniken in öffentlicher Trägerschaft seien defizitär, die negativen Spitzenreiter aus den Ballungsgebieten machten pro Jahr zwischen 20 und 30 Millionen Euro Minus. (Fotos: rs) Die CDU möchte noch alle verfügbaren Informationen sammeln, bevor sie sich auf eine Veränderung beim Alsfelder Kreiskrankenhaus festlegt. Das äußerte einleitend Stephan Paule (Romrod), stellvertretender Kreistags-Fraktionsvorsitzender und Bürgermeisterbewerber in Alsfeld, der auch als Moderator des Abends fungierte. Das Alsfelder Krankenhaus sei seit dem Jahr 2009 defizitär, das Minus betrage mittlerweile rund fünf Millionen Euro, Tendenz steigend, wenn nicht gehandelt werde.
Die meisten Kliniken in öffentlicher Trägerschaft sind schon defizitär Referent Dr. Ralf Norbert Bartelt informierte in einem Überblick, unter den insgesamt 129 Kliniken in Hessen seien 43 in öffentlicher Trägerschaft, das Drittel der Häuserzahl halte aber die Hälfte der Betten vor. 49 Kliniken gehören freien gemeinnützigen Trägern und 37 sind in privater Trägerschaft. Fast alle Kliniken in öffentlicher Trägerschaft seien defizitär, die negativen Spitzenreiter aus den Ballungsgebieten machten pro Jahr zwischen 20 und 30 Millionen Euro Minus. Nur wenige erwirtschafteten ein geringes Plus oder würden zumindest eine schwarze Null schreiben. 20 Prozent der Kliniken in öffentlicher Trägerschaft seien insolvenzgefährdet, dies seien nur rund zehn Prozent bei denen in freier gemeinnütziger Trägerschaft und nur zwei bis drei Prozent bei den Privaten. Während also die Ertragsseite der Einrichtungen eine deutliche Schieflage aufweisen, wird andererseits von einem Investitionsstau in Gesamtdeutschland von 40 bis 50 Milliarden Euro ausgegangen. Auf Hessen herunter gebrochen bedeutet das etwa ein Zehntel. Was die weitere Entwicklung anlangt, so zeigte sich Referent Dr. Bartelt sicher, dass sich die Lage noch verschärfen werde.
Auch bei Holding kann Bestand aller Abteilungen nicht garantiert werden
Vor diesem Hintergrund sei das Angebot des Landes zu sehen, einen Krankenhausverbund der Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft zu gründen. Auf diese Weise ließen sich beispielsweise Laborleistungen und der Einkauf von Materialien günstiger gestalten, Vorteile, die andere Klinikszusammenschlüsse schon lange nutzen würden. Auf diese Weise sollten die bestehenden Standorte der Basis- und Notfallmedizin erhalten werden, wobei klar sein müsse, dass nicht überall jede Abteilung bestehen bleiben könne.
In dem Konzept zum Erhalt öffentlicher Krankenhausträgerschaft in Hessen sei vorgesehen, eine öffentlich-rechtliche Stiftung zu gründen, die die bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Krankenhausversorgung der hessischen Bevölkerung zum Stiftungszweck habe, erläuterte Dr. Bartelt. Damit solle garantiert werden, dass künftige Gewinne nur der Gesundheitsversorgung zu Gute kommen. Parallel zur Stiftung übernehme ein neu geschaffener Zweckverband die Verpflichtung der einzelnen Kommunen, Krankenhäuser zu betreiben, und bilde so eine Solidargemeinschaft für die gesundheitliche Versorgung. Eine darunter liegende Holdinggesellschaft werde das operative Geschäft der beteiligten Krankenhäuser steuern. Zweckverband und Stiftung halten Anteile an dieser Holding. Die Konstruktion ermögliche es, dass die operativen Entscheidungen der Holding nur nach fachlichen Erwägungen getroffen würden. Was die Altschulden der einzelnen Kliniken anlange, so müsse der kommunale Träger nur noch einen Teil der Altschulden übernehmen. Ein Teil der Verbindlichkeiten des beitretenden Krankenhauses werde von der neuen Holding übernommen. Die beteiligten Kommunen würden auch in Zukunft beteiligt, der Zweckverband hessischer Krankenhausträger werde aus den beteiligten Kommunen gegründet und sei an der Management Holding beteiligt, die das operative Geschäft gestaltete. Zusätzlich seien die Kommunen durch den Stiftungsbeirat an der Stiftung hessischer Krankenhäuser beteiligt und hielten Anteile an den Krankenhäusern, die in ihrer Kommune angesiedelt seien.
Konkret auf Alsfeld bezogen bedeute das, dass man 28,3 Millionen Euro aufbringen müsse. Der Träger Vogelsbergkreis habe rund 11,6 Millionen Euro an die Holding einzuzahlen, wobei man das auch in verschiedenen Tranchen machen könne. Zudem habe der Vogelsbergkreis an die Holding ein Darlehen über 8,38 Millionen Euro zu geben. Der gleiche Betrag werde von der Holding dem Kreiskrankenhaus zur Verfügung gestellt. Die zu leistenden Zahlungen seien sicher am Anfang beträchtlich, die auf diese Weise geänderte Finanzierung gebe den Kommunen aber in der Folgezeit eine wesentlich bessere Planungssicherheit. Ein Beitritt zu der Holding liege in der freien Entscheidung der kommunalen Träger, auf Alsfeld bezogen also in der Hand des Kreistages.
CDU möchte beim Krankenhaus das Heft nicht aus der Hand geben
Dr. Hans Heuser, Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion, betonte, der Kreis solle die Verantwortung für das Alsfelder Kreiskrankenhaus behalten. Ein schlechtes Beispiel, was passiere, wenn man das aus der Hand gebe, sei der Zusammenschluss der Unikliniken Gießen und Marburg auf privater Basis. In diesem Sinne sei die CDU-Fraktion auch schon vor Jahren gegen den Zusammenschluss mit Bad Hersfeld gewesen, weil man als Juniorpartner (30 Prozent) zu viel aus der Hand geben würde. Wenn dann später noch Bad Hersfeld »geschluckt« werde, habe man aus dem Vogelsbergkreis gar nichts mehr zu melden.
Aus der Gruppe der am Kreiskrankenhaus Beschäftigten stellte Chefarzt und Ärztlicher Leiter Dr. med. Martin Böhm heraus, die Bediensteten würden sich für eine Zusammenarbeit mit Bad Hersfeld aussprechen. Mit der dortigen Klinik habe sich bereits ein Vertrauensverhältnis entwickelt, das bei einer Zusammenarbeit nötig sei, das lasse sich im Falle der Holding nicht übers Knie brechen. Außerdem sei der Landesvorschlag nur Zukunftsmusik ohne konkreten Zeitrahmen (erste Verträge sollen 2013 geschlossen werden), dem Alsfelder Haus gehe es aber jetzt schlecht. Als Möglichkeit räumte Dr. Böhm ein, dass Alsfeld und Bad Hersfeld nach einem Zusammenschluss irgendwann eventuell gemeinsam der Holding beitreten könnten.
Bessere Konditionen beim Einkauf mildern Defizit kaum
Kreiskrankenhaus-Geschäftsführer Bodo Assmus ordnete den Landesvorstoß als überdenkenswert ein, mahnte aber auch, dass er an dem grundsätzlichen Manko der steigenden Personalkosten ohne adäquate Mehreinnahmen nichts ändere. Der (Hamsterrad-)Philosophie, dass Mehreinnahmen über immer mehr Patienten erzielt werden könnten, könne eine Einrichtung im ländlichen Raum schon gar nicht folgen.
Was das Nutzen des gemeinsamen Einkaufens von Laborleistungen und Material anlange, so liege der Nutzen bestenfalls bei 300000 Euro jährlich, das strukturelle Defizit aber bei etwa zwei Millionen Euro. Assmus sah eine Verbesserung nur im Zusammenschluss kommunaler Kliniken in einer Region. Er ließ durchblicken, dass man mit dem kommunalen Krankenhaus in Fulda auch in Gesprächen stehe. In der Diskussionsrunde riet ein Bürger mit Kenntnissen aus dem Rettungsdienst von einer Zusammenarbeit mit dem 40 Kilometer entfernten Bad Hersfeld ab, weil die Klinik für den Vogelsbergkreis in der falschen Richtung liege. Sollten mehrere Personen verlegt werden müssen, scheitere das an den logistischen Gegebenheiten. Der Alsfelder Kommunalpolitiker Michael Riese (Linke) sah bei allen besprochenen Varianten die Gefahr, dass das aktuelle Angebot auf die Grundversorgung mit Innerer, Chirurgie und Unfallversorgung begrenzt werde.
Er appellierte, einen wie auch immer gearteten Verbund darauf auszurichten, ein möglichst breites Angebot zu unterbreiten.