Modellprojekt Oberforstamt als einmalige Chance für Romrod

Jahreshauptversammlung des CDU-Stadtverbandes Romrod mit Delegiertenwahlen.

Bei guten Gesprächen in geselliger Runde. Die Jahreshauptversammlung der Romröder CDU mit Vorsitzendem Stephan Paule (Bildmitte stehend), Landtagsabgeordnetem Kurt Wiegel (stehend 4. v.l.) und Landrat a. D. Rudolf Marx (stehend 2. v.l.).Bei guten Gesprächen in geselliger Runde. Die Jahreshauptversammlung der Romröder CDU mit Vorsitzendem Stephan Paule (Bildmitte stehend), Landtagsabgeordnetem Kurt Wiegel (stehend 4. v.l.) und Landrat a. D. Rudolf Marx (stehend 2. v.l.).
ROMROD. Die Idee eines Genossenschaftsmodells für das Modellprojekt Oberforstamt in Romrod, die Zukunft des Alsfelder Kreiskrankenhauses und der Ausbau der Windenergie im Vogelsberg waren die zentralen Diskussionsthemen bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung des CDU-Stadtverbands Romrod. Zu der Versammlung in der Gaststätte „Zum Burghof“ war neben zahlreichen Parteimitgliedern und parteilosen Fraktionskollegen auch der CDU-Landtagsabgeordnete Kurt Wiegel gekommen. Außerdem wurden die Delegierten zu Parteitagen für die Landtags- und Bundestagswahlen gewählt.

Partei- und Fraktionsvorsitzender Stephan Paule hob in seinem Jahresrückblick hervor, dass das Projekt „Oberforstamt“ die zentrale städtebauliche Herausforderung dieser Wahlperiode darstelle. Die derzeitigen Planungen sehen vor, das Gebäude des ehemaligen Oberforstamts denkmalgerecht zu sanieren und darin ein Modellprojekt zur Altenpflege unterzubringen. Auf zwei Pflegestationen sollen Senioren in sogenannten „Wohngruppen“ untergebracht werden. Ziel ist es, dass die Senioren, trotz der Betreuung durch Pflegepersonal, so viel Selbständigkeit wie möglich beibehalten und aktiv ihren eigenen Alltag mitgestalten.

Neben zwei Pflegestationen soll das Modellprojekt eine Station für Kurzzeitpflege und eine ambulante Pflegestation beinhalten. Darüber hinaus ist ein Begegnungszentrum im Rahmen des Romröder Mehrgenerationenhauses vorgesehen. Baulich soll auch ein Teil des der Firma Becker gehörenden Geländes (heutige SB-Möbelhalle) saniert und in die Modellkonzeption mit einbezogen werden.

Alle Anwesenden waren sich einig, dass die Verwirklichung dieses Projektes eine einmalige Chance für Romrod sei. Besonders hervorgehoben wurde der unermüdliche Einsatz von Bürgermeisterin Dr. Richtberg und der Mitglieder des Magistrats. Diese hätten bereits jetzt gemeinsam mit dem Architekten zahllose Stunden für Konzeption und Planung des Projektes aufgebracht.

Vorsitzender Stephan Paule hob besonders die Einbeziehung der Romröderinnen und Romröder in das Projekt hervor. Durch den steten Informationsfluss in Ausschüssen und Stadtverordnetenversammlung seien die Bürgerinnen und Bürger über das Projekt stets auf dem Laufenden, so Paule. Auch die Einbeziehung der Firma Wilhelm Becker in die Planungen lobte der Vorsitzende. Für den künftigen wirtschaftlichen Betrieb des Modellvorhabens müsse in jedem Fall auch eine Möglichkeit zur Beteiligung der Romröderinnen und Romröder mitgedacht werden. Die CDU schlage hierzu die Prüfung eines Genossenschaftsmodells vor, so Paule.

Kontrovers diskutiert wurden die Themen Kreiskrankenhaus und Ausbau der Windenergie. Zahlreiche Versammlungsteilnehmer äußerten ihr Unverständnis über das Gutachten der Firma Andrée Consult, in welchem, dem Vernehmen nach, der Abriss und Neubau des ca. 30 Jahre alten Alsfelder Krankenhausgebäudes vorgeschlagen werde. Aus den Reihen der Teilnehmer wurden erhebliche Zweifel an der wirtschaftlichen Vernunft eines solchen Vorschlags geäußert. Auch der Vorschlag Andrée Consults zur Schließung der Station für Gynäkologie und Geburtshilfe stand im Zentrum der Kritik der Romröderinnen und Romröder. Es sei unzumutbar, wenn die nächste Geburtsstation erst in 50 km Entfernung erreichbar sei. Ein Versammlungsteilnehmer sagte: „Wenn das wirklich kommt, dann können die Taxifirmen ihre Autos aufrüsten. Denn dann werden die meisten Kinder auf dem Weg zum Krankenhaus in Gießen, Marburg oder Bad Hersfeld geboren.“

Auch die Frage nach einem möglichen Partner für das Kreiskrankenhaus wurde diskutiert. Viele sahen ein Zusammengehen mit Bad Hersfeld kritisch, weil auch für das dortige Klinikum eine schlechte Finanzlage vermutet werde. Daher wurden belastbare Zahlen auch für den Standort Bad Hersfeld gefordert. Einige Teilnehmer fragten auch danach, ob eine Vogelsberger Lösung, also eine Fusion der Krankenhäuser Alsfeld und Lauterbach, immer noch denkbar oder nunmehr ausgeschlossen sei. Auch die Frage, ob man nicht die Übernahme des Kreiskrankenhauses durch einen kompetenten privaten Klinikkonzern anstreben solle, wurde von einem Versammlungsteilnehmer gestellt. Die vom Hessischen Sozialminister Grüttner vorgeschlagene Holding- oder Stiftungslösung für alle kommunalen Krankenhäuser Hessens wurde ebenfalls diskutiert. Insgesamt ergab sich ein sehr differenziertes Meinungsbild, gleichzeitig wurde aber auch ein großes Maß der Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich des Kreiskrankenhauses deutlich.

Stephan Paule erklärte, dass Landrat Görig beabsichtige, den Kreistag am 12. November über die Aufnahme von Vertragsverhandlungen mit Bad Hersfeld abstimmen zu lassen. Aufgabe der CDU als größte Oppositionspartei im Kreis sei es, bis dahin so viele belastbare Informationen wie möglich zu sammeln. Ein Meilenstein auf diesem Weg sei der Vortrag des gesundheitspolitischen Sprechers der CDU-Landtagsfraktion, Dr. Ralf-Norbert Bartelt, am Dienstag, 30.10.2012, um 18:00 Uhr im Alsfelder Marktcafé. Hiervon erhoffe man sich insbesondere Informationen aus erster Hand über das Konzept für eine landesweite Stiftungs- oder Holdinglösung für alle kommunalen Krankenhäuser.

Das Thema Ausbau der Windenergie spielte vor dem Hintergrund der momentanen Debatte über die Fortschreibung des „Teilregionalplans Energie Mittelhessen“ eine wichtige Rolle in der Romröder Jahreshauptversammlung. Kritisch sah man insbesondere die strikte Festschreibung von 2 Prozent der Landesfläche als Vorranggebiete für Windkraft. Gleichzeitig wurde gefragt, ob das bedeute, dass mehr als 2 Prozent der Fläche des Vogelsbergkreises Windkraft-Vorranggebiet werden müsse, wenn im Rhein-Main-Gebiet oder z. B. im Schwälmer Becken die 2 Prozent nicht erreicht werden könnten.

Landtagsabgeordneter Kurt Wiegel betonte, dass der Ausbau der Windenergie die Konsequenz des parteiübergreifend formulierten hessischen Energiekonsens sei. Auf dem Energiegipfel seien sich CDU, SPD, Grüne und FDP mit allen maßgeblichen Verbänden einig gewesen, dass die Kernkraftwerke abgeschaltet würden. Die Konsequenz sei der Ausbau erneuerbarer Energien, auch der Windkraft. Hierfür sei der Vogelsberg als Standort auch prädestiniert. Ein Teil der Wertschöpfung könne auch hier gehalten werden und komme der Region zugute, betone Wiegel. Wer neue Windkraftanlagen ablehne, müsse auch Alternativen anbieten. Im Übrigen seien auch im südlichen Teil Hessens die Kommunen nicht untätig, wie immer behauptet werde. Auch im Taunus und im Odenwald schreite der Ausbau der Windenergie voran, betonte Wiegel. Das Ziel von 2 Prozent der Landesfläche bedeute im Übrigen, dass 98 Prozent des Landes Ausschlussfläche blieben.

Auf Kritik stießen jedoch die ausgelegten Pläne des Regierungspräsidiums Gießen hinsichtlich der Vorrangflächen für Windkraft. CDU/FWG-Fraktionsmitglied Udo Kornmann, zugleich stellvertretener Stadtverordnetenvorsteher, betonte, dass sein Heimatort Zell im schlimmsten Fall von drei Seiten durch Windkraftanlagen „eingekreist“ werden könnte. Dem werde man sich mit allen Mitteln widersetzen.

Stephan Paule ergänzte dass die einzige verlässliche Einnahmeart für Gemeinden im Bereich der Windkraft die Verpachtung von Grundstücken für Windkraftanlagen sei. Die Erfahrung habe gezeigt, dass sich andere Einnahmen aufgrund von Verträgen mit Betreiberfirmen, durch finanzielle Beteiligung der Gemeinden oder durch Gewerbesteuern oftmals nicht realisieren ließen. Die einzige Möglichkeit zur Nutzung stadteigener Flächen sei der Stadtwald oberhalb von Ober-Breidenbach. Hierzu sei aber eine gemeinsame Planung mit Feldatal erforderlich, dessen Gemeindevertreter diese Fläche aber wegen der Nähe zu Windhausen kritisch sähen, berichtete der Vorsitzende. Die meisten anderen Windvorrangflächen im Gebiet Romrods seien auf staatseigenen Waldflächen vorgesehen. Mögliche Pachteinnahmen kämen somit allein dem Land Hessen zugute. Paule regte an, eine gesetzliche Verpflichtung für das Land zu schaffen, wonach den jeweiligen Standortkommunen ein Anteil der Pachteinnahmen aus Windkraft auf Landesflächen zustünde.

Gegen die vermehrte Platzierung von Windkraftanlagen im Wald sprach sich insbesondere Landrat a. D. Rudolf Marx aus. „Es kann nicht sein, dass wir aus Gründen sogenannter Klimapolitik immer mehr Windräder im Wald errichten und dafür riesige Waldflächen roden. Damit zerstören wir unsere eigene Kulturlandschaft und die grüne Lunge unseres Planeten,“ betonte Marx.

Stephan Paule unterstrich, dass die von Bundesumweltminister Peter Altmeier angestrebte Koordinierung der Energiewende zwischen den Bundesländern der richtige Weg sei. Es sei, so Paule, „Quatsch“, wenn jeder für sich plane und die Küstenländer wie Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern einen Ausbau der erneuerbaren Energien zur Versorgung des gesamten Bundesgebietes planten, während gleichzeitig die Südländer wie Hessen, Bayern und Baden-Württemberg eine 100-prozentige Selbstversorgung mit erneuerbarer Energie anstrebten. Ein bundesweiter „Masterplan“ sei erforderlich. Die Planungen aller Länder müssten daran angepasst werden, sagte Paule.

Niemand wisse, ob nicht in wenigen Jahrzehnten der Energiebedarf der Industrieländer durch erneuerbare Energien aus sonnenreichen Ländern des Nahen Ostens oder Afrikas gedeckt würde. Diese Länder erwirtschafteten ihren Wohlstand zurzeit aus dem Verkauf fossiler Energieträger wie Erdöl. Niemand dürfe glauben, dass die Golfstaaten den Umstieg auf Produktion und Verkauf nachhaltig erzeugter Energieträger verschlafen würden, denn davon hänge ihr eigenes Überleben ab, so Paule. Und dass z. B. die technische Nutzung der Sonnenenergie in diesen Ländern effizienter möglich sei als in Deutschland, sei allgemein anerkannt, ergänze der CDU-Vorsitzende.

Hinsichtlich der CDU als Volkspartei müsse aber eines klar sein: „Die Union muss die politische Heimat auch derjenigen bleiben, die mit dem derzeitigen Kurs der Energiewende unzufrieden sind.“ Jahrzehntelange Grundüberzeugungen vieler Unionsmitglieder würden nicht dadurch entwertet, dass der politische Grundkonsens sich aufgrund der Reaktorhavarie von Fukushima geändert habe. Hier bedürfe es eines konstruktiven, innerparteilichen Dialogs miteinander, in dem die Sorgen und Bedenken der Kritiker des jetzigen Kurses auch ernst genommen würden, unterstrich Paule.

Mit dem traditionellen von Rudolf Marx gestifteten Imbiss endete die Jahreshauptversammlung bei guten Gesprächen in geselliger Runde.