Denkmalschutz wird kontrovers diskutiert
Bürgergespräch des CDU-Stadtverbandes mit Bürgermeisterkandidat Stephan Paule in Angenrod.
ALSFELD. Die zukünftige Entwicklung des Ortsbildes und der Denkmalschutz von Wohngebäuden waren zentrale Themen beim Bürgergespräch des CDU-Stadtverbandes Alsfeld im Dorfgemeinschaftshaus Angenrod. Mit dabei war auch Bürgermeisterkandidat Stephan Paule.
Nach einer kurzen persönlichen Begrüßung, in der Bürgermeisterkandidat Stephan Paule sich und sein Programm den Angenrödern vorstellte, übernahm Reinhard Bambey die Aufgabe, die Gäste über den Stadtteil Angenrod zu informieren. Dabei vertrat er Ortsvorsteher Axel Möller, der terminlich verhindert war. Bambey stellte Angenrod als mittelgroßen Stadtteil von Alsfeld mit rund 600 Einwohnern vor. Neben einigen Gewerbebetrieben gebe es noch zwei landwirtschaftliche Vollerwerbsbetriebe. Auch das Vereinsleben im Ort sei rege: Motorsportverein, Wanderverein, Karnevalclub, Freiwillige Feuerwehr, Sportverein und Reservistenverband werden ergänzt durch die Jugendgruppe und den Gesangverein, der leider vor fünf Jahren den aktiven Sangesbetrieb einstellen musste.
Zentral für das Dorf- und Vereinsleben sei das Dorfgemeinschaftshaus, so Reinhard Bambey. Die seit Anfang der 1970er Jahre leerstehende alte Schule sei nach der kommunalen Gebietsreform 1972 in ein Dorfgemeinschaftshaus umgebaut worden. Dieses habe sich jedoch bald als zu klein erwiesen. Vereine und Bürger Angenrods hätten daher in Eigenhilfe die Vergrößerung und Erweiterung des Dorfgemeinschaftshauses auf die heutige Größe durchgeführt. Heute werde das DGH kontinuierlich von allen Vereinen und vom Ortsbeirat genutzt. Neben dem ehemaligen Hofgut sei das alte Schulgebäude ein für das Ortsbild von Angenrod prägendes Gebäude. Als nächste erforderliche Baumaßnahme stehe eine Sanierung des Daches an.
Wie in den meisten Ortsteilen sei seitens der Stadt Alsfeld auch für Angenrod die Gründung eines Vereins angeregt worden, der Betrieb und Unterhaltung des Dorfgemeinschaftshauses von der Stadt übernehmen solle. Mehrere Anwesende äußerten jedoch Zweifel daran, ob, angesichts des demographischen Wandels, die Bürger und Vereine Angenrods dauerhaft die Unterhaltung eines Dorfgemeinschaftshauses schultern könnten.
Neben der Zukunft des Dorfgemeinschaftshauses im alten Schulgebäude spielten im weiteren Verlauf des Bürgergesprächs die Bevölkerungsentwicklung und die bauliche Entwicklung des Ortsbildes von Angenrod eine wichtige Rolle. Ein Teilnehmer erläuterte, dass es in Angenrod bereits viele Leerstände gebe. Viele junge Menschen seien durch Ausbildung und Beruf gezwungen, den Vogelsberg Richtung Rhein-Main-Gebiet zu verlassen. Gleichzeitig finde ein Strukturwandel im Dorf statt: Von ehemals zwölf landwirtschaftlichen Betrieben würden nur noch zwei im Vollerwerb genutzt. Dies führe auch zu Leerständen ehemaliger Wirtschaftsgebäude.
Auch der Umgang mit denkmalgeschützten Gebäuden wurde im Bürgergespräch kontrovers diskutiert. Gebäude des Hofguts in der Ortsmitte stehen leer. Es sei sehr fraglich, ob eine denkmalgerechte Wiederherstellung überhaupt eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung zuließe, sagte ein Gesprächsteilnehmer. Dies gelte auch für andere Fachwerkgebäude, deren denkmalgerechte Wiederherstellung sehr kostspielig sei. Gleichzeitig fehlten aber potentielle Mieter oder Käufer für solche sanierten Wohngebäude.
Der langjährige Angenröder CDU-Kommunalpolitiker Gerhard Ziegler sprach sich vor diesem Hintergrund für eine langfristige Strategie zur Vermeidung und Reduzierung von Leerständen aus. Dazu gehöre es auch, mittelfristig keine Neubaugebiete in Angenrod auszuweisen, um Wohnen und Sanieren im Bestand zu fördern. Gleichzeitig dürfe es kein denkmalschutzrechtliches „Tabu“ sein, leerstehende Gebäude abzutragen, wenn auch im Fall einer denkbaren Sanierung keine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung für diese Gebäude vorstellbar sei. Schließlich gelte es, hinreichend Anreize für Eigentümer oder künftige Käufer von denkmalgeschützten Gebäuden zu schaffen, eine wünschenswerte Sanierung auch durchzuführen. Hiervon profitierten letztlich das gesamte Ortsbild und die Attraktivität Angenrods als Wohnstandort.
Bürgermeisterkandidat Stephan Paule ergänzte, dass der von Gerhard Ziegler gedachte Lösungsweg auch die Grundlage des Programms „Stadtumbau West“ gewesen sei. In seiner Heimatgemeinde Romrod sei, so Paule, eine Vollerhebung der Nutzung von Wohngebäuden in Kooperation mit der Universität Kassel erfolgt. Auch hier sei das Ziel die Reduzierung von Leerständen und die Neu- bzw. Umnutzung denkmalgeschützter Gebäude gewesen. Auch der Zweckverband „Stadt-Land-Schloss“ der Gemeinden Alsfeld, Antrifftal und Romrod sei ursprünglich ins Leben gerufen worden, um Fördermittel des Programms „Stadtumbau in Hessen“ für Entwicklung und Umsetzung eine Konzepts zur Verbesserung der Wohn-, Lebens- und Arbeitsbedingungen abzurufen. Leider sei Angenrod von der Stadt Alsfeld seinerzeit nicht als Stadtumbaugebiet ausgewiesen worden. Die Themen „Wohnen im Alter“ und „Erhalt und Ausbau der örtlichen Daseinsvorsorge“ könnten aber in Zukunft wichtige Ausgangspunkte für ein entsprechendes Konzept für Angenrod sein.
Auch das Thema Verkehr wurde von den Angenröderinnen und Angenrödern aufgegriffen. Hierzu gehörten die anstehende Erneuerung der Orstdurchfahrt mit Bau eines Radwegs, die von HessenMobil geplante Verlegung der Einmündung der Seibelsdorfer Straße in die B 62 und ggf. mögliche grundhafte Sanierungen an Innerortsstraßen.
Hierzu erläuterte Bürgermeisterkandidat Stephan Paule, dass die Stadt verpflichtet sei, bei grundhaften Straßejnsanierungen 25 bis 75 Prozent der Sanierungskosten auf die Anlieger umzulegen. Hier im ländlichen Raum, wo wenige Anlieger an langen Straßen wohnten, könne dies im schlimmsten Fall Belastungen von über 10.000 Euro pro Haushalt bedeuten. Seit November habe der Landesgesetzgeber zudem die Möglichkeit geschaffen, in Kommunen so genannte „wiederkehrende Straßenbeiträge“ einzuführen. Nach dem Modell einer „Global-Berechnung“ könnten dann alle Grundstücksbesitzer einer Stadt, nicht nur die Anlieger der betreffenden Straße, zu Beiträgen herangezogen werden. Dies führe pro Grundstück natürlich zu einer wesentlich geringeren finanziellen Belastung. Gleichzeitig steige dann aber die „Versuchung“ für die politischen Entscheidungsträger, nicht die kostengünstigste Ausbauvariante für die Sanierungsmaßnahme zu wählen. Langfristig könne eine solche Lösung also in der Summe teurer für die Bürger sein als eine direkte Veranlagung. Paule plädierte dafür, die Bewertung der neuen Rechtslage durch die kommunalen Spitzenverbände abzuwarten. Erfahrungen anderer Kommunen mit der neuen Möglichkeit müssten ebenfalls in die Entscheidungen für die Stadt Alsfeld einfließen, so Paule.
Grundlage einer positiven Entwicklung für Alsfeld und seine Stadtteile in den Bereichen Bevölkerungsentwicklung und Finanzen sei eine solide wirtschaftliche Grundlage und die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region. Dies gelte es, auch im beginnenden Bürgermeisterwahlkampf zu thematisieren. Für den Bereich der Wirtschaftsförderung habe er daher bereits einen Acht-Punkte-Plan vorgelegt. „Daneben dürfen Themen wie die Zukunft der Ortsteile und Familienfreundlichkeit natürlich nicht vergessen werden“, sagte Paule abschließend.